Facebook vs. Hate Speech - ein Social Dilemma

Facebook steht seit einiger Zeit vor einem gravierenden Problem: Wie geht man effektiv gegen die immer größer werdende Flut an Hasspostings und Hasskommentaren vor? Die Social Media Plattform sieht sich immer häufiger mit dem Vorwurf konfrontiert, dass einerseits der Löschprozess zu lasch bzw. zu langwierig sei und andererseits vergleichsweise harmlose Beiträge häufig dem Zensurstift zum Opfer fallen würden. Das eigentliche Problem ist jedoch weit komplexer und stellt Facebook vor große Herausforderungen.

Im Schnitt löscht Facebook weltweit rund 288.000 Postings pro Monat, die von seinen Usern als Hasspostings oder Hasskommentare gemeldet wurden. Als Hate Speech definiert die Plattform alles, was Menschen direkt und aufgrund ihrer sogenannten „geschützten Charakteristiken“ angreift. Zu diesen zählen u.a. Hautfarbe, ethnische und nationale Herkunft, Glaube, sexuelle Orientierung, Geschlecht sowie Krankheiten und Behinderungen.

Darüber hinaus ist eine breitere „Hate Speech“-Definition von Kultur zu Kultur und auch von Nationalität zu Nationalität unterschiedlich, da z. B. die Rechtslage eine jeweils andere ist. Ein Beitrag kann laut US-Recht als starke politische Meinungsäußerung abgetan werden, wohingegen derselbe Inhalt in Österreich oder Deutschland zum Fall für die Justiz werden könnte.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Kontext, in dem ein vermeintlicher Hasskommentar verfasst wurde. Der User könnte z.B. nur einen provokanten Songtext zitiert haben, oder das vermeintliche Schimpfwort hat in dessen Kulturkreis eine ganz andere und harmlose Bedeutung.
All diese Aspekte müsste vor einer etwaigen Löschung berücksichtigt werden, um einen möglichst transparenten und fehlerfreien „Reinigungsvorgang“ gewährleisten zu können – eine Herkulesaufgabe für die rund 4.500 Facebook-Mitarbeiter, die weltweit rund um die Uhr mit dieser Aufgabe betraut sind. Nicht zuletzt deshalb soll dieses Team ab Herbst global um weitere 3.000 Kräfte verstärkt werden.

Zur Zeit arbeitet der Social Media Riese auch an einer Software-Lösung, die mittels künstlicher Intelligenz Hate Speech automatisch erkennt und entsprechende Beiträge meldet bzw. von selbst löscht. Die Technik steckt jedoch noch in den Kinderschuhen und gerade die genannten Aspekte, wie der Kontext von Beiträgen, verlangsamen den Prozess bis zur Reife zusätzlich.
Umso mehr setzt Facebook bei der Identifikation und Meldung von Hasspostings weiterhin auf seine Community – wohlwissend, dass es in absehbarer Zeit kaum effektivere Alternativen im Kampf gegen Hate Speech geben wird.

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